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Franziska Dittrich

027 – Über den Herbst und das Loslassen


Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von nothing but mindfulness. , dem Podcast, in dem sich alles darum dreht, wie Du durch eine achtsame Haltung Dein Leben und die Welt verändern kannst. Mein Name ist Franziska Dittrich und ich freu mich total, dass Du heute wieder da bist und Deine Zeit mit mir teilst.

Wie in der letzten Quick-Tipps Folge schon angekündigt, habe ich mir ein kleines Dankeschön-Special für inzwischen über 500 Abonnenten überlegt. Da das Gewinnspiel für die Online- Coaching-Session beim letzten Mal so gut angekommen ist, dachte ich, wir wiederholen das einfach nochmal. Bis zum 31.10. hast Du die Möglichkeit, an der Verlosung teilzunehmen. Alles, was Du tun musst, um in den Lostopf zu hüpfen ist, mir eine Bewertung auf iTunes zu hinterlassen. Wichtig dabei ist, dass Du auch einen kurzen Text dazu schreibst, denn sonst kann ich Deinen Namen nicht sehen und Dich somit auch nicht berücksichtigen. Falls Du mir bereits eine Bewertung ohne Text da gelassen hast, schick mir einfach eine kurze Email, dann bist Du selbstverständlich auch dabei. Berücksichtigt werden alle Bewertungen zwischen 13.10.2020 und 31.10.2020. In der Podcastfolge am 03.11.2020 gebe ich dann den Gewinner oder die Gewinnerin bekannt. Der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen.

Nun aber zum Thema. Der Sommer ist seit kurzer Zeit nun wirklich vorüber und wir starten in die gemütliche Jahreszeit, die neben bunten Farben, Kerzen, kuscheligen Decken und leckerem Tee auch immer ein bisschen Heimkehr bedeutet. Die Heimkehr zu uns selbst, Stille, Genügsamkeit, Innehalten und innere Ruhe.

Der Herbst verkörpert in der Natur die Vergänglichkeit und zeigt uns gleichermaßen, dass das, was war, nicht so bleiben muss, sondern alles dauernd in Veränderung ist. Bäume lassen ihr altes Laub fallen und ziehen ihre Energie nach innen, Blumen verblühen und bereiten sich auf ihr Comeback im nächsten Frühling vor.

In der heutigen Folge möchte ich mich gemeinsam mit Dir ein bisschen auf den Herbst einstimmen. Wir sprechen über das Anhaften und das Loslassen und ich teile meine Gedanken dazu mit Dir, wie Du diese Jahreszeit gut für Dich nutzen kannst, um wieder ein Stück näher mit Dir selbst zusammenzurücken. Außerdem teile ich zwei kleine Challenges mit Dir, die Du sofort umsetzen und mit denen Du einen echten Unterschied machen kannst.

Erich Fromm hat einmal gesagt „Auch sich selbst hören zu können, ist eine Vorbedingung dafür, dass man auf andere hören kann; bei sich selbst zu Hause zu sein ist die notwendige Voraussetzung, damit man sich zu anderen in Beziehung setzen kann.“

Ich wünsch Dir ganz viel Freude beim Hören.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber seit die Tage wieder kürzer werden und es draußen an den meisten Tagen grau ist, bin ich unglaublich müde und fühle mich total schwach. Ich habe das Gefühl, dass ich zu gar nichts in der Lage bin und würde am liebsten einfach den ganzen Tag nur liegen. Ich kenne das schon aus den letzten Jahren und trotzdem habe ich immer wieder Gedanken wie „Jetzt reiß Dich mal zusammen und komm in die Gänge!“ oder „Irgendetwas stimmt doch momentan mit Dir nicht, das kann ja nicht sein, dass Du jeden Tag so ko bist...“. Das führt dann meistens dazu, dass ich mich zu allem Übel auch noch über mich selbst ärgere und den ganzen Tag mit einem unguten Gefühl herumlaufe, weil ich ja indirekt sage „So wie es gerade ist, ist es falsch.“

Und da sind wir auch direkt beim ersten Punkt, dem Anhaften.

Wenn wir uns einmal in der Natur umschauen, werden wir das Phänomen des Anhaftens nicht wirklich finden. Ich habe zumindest noch keinen Baum gesehen, der krampfhaft versucht, seine Blätter zu behalten und keine Blume, die sich bemüht, nicht zu verblühen. All die Pflanzen und Lebewesen gehen mit dem natürlichen Fluss, wohlwissend, dass nach jedem Herbst und Winter auch wieder ein Frühling kommt.

Was wir Menschen ganz häufig tun ist, dass wir uns gegen das, was gerade ist, mit Händen und Füßen wehren. Seien es nun Umstände, oder auch Zustände, die wir selbst durchmachen. Wenn wir traurig sind, wünschen wir uns, glücklich zu sein. Und wenn wir dann glücklich sind, wünschen wir uns, dass dieser Zustand nicht vergeht. Wenn wir müde sind, wünschen wir uns wach zu sein und wenn wir abends nicht einschlafen können, weil wir zu wach sind, wünschen wir uns wieder, müde zu sein. Wir kämpfen also mehrmals am Tag ganz vehement gegen das was ist. Das führt nicht nur dazu, dass wir unsere wertvolle Energie in Dinge investieren, die wir ohnehin nicht ändern können, sondern auch dazu, dass wir uns dauerhaft unglücklich und unzufrieden fühlen.

Wenn wir bei dem Beispiel bleiben, das ich eingangs erwähnt habe, ist es also im Herbst offensichtlich ganz natürlich und normal, dass wir nicht so viel Energie haben wie in den Frühlings- und Sommer-Monaten. Es ist absolut in Ordnung, wenn wir uns müde und ko fühlen und vielleicht auch nicht so voller Tatendrang stecken wie in anderen Jahreszeiten. An sich wäre auch all das überhaupt kein Thema, wenn wir eben nicht krampfhaft versuchen würden, das weg haben zu wollen. Unsere schnelllebige Welt ist nicht dafür ausgelegt, dass wir uns dem Rhythmus der Natur, oder auch unserem eigenen Rhythmus geben und dass es einfach Zeiten im Jahr gibt, in denen wir weniger leisten und gleichzeitig mehr mit uns selbst als mit allem im Außen beschäftigt sind. Wir müssen 365 Tage im Jahr funktionieren wie ein Uhrwerk. Es gibt ein schönes Zitat von Brene Brown, das übersetzt so viel heißt wie „Es erfordert Mut, „Ja“ zu sagen zum Ausruhen und Spielen in einer Gesellschaft, in der Überanstrengung als Statussymbol gilt“.

Was ich Dir mit all dem sagen will ist, dass der Fehler nicht bei Dir liegt, also dass es eben nicht notwendig ist, Dich dafür zu verurteilen, wenn es eben hin und wieder Zeiten gibt, in denen Du nicht so gut funktionierst wie an anderen Tagen. Wenn wir unseren Gedanken Glauben schenken und uns vielleicht sogar schlimmstenfalls noch über eine längere Zeit hinweg total reinsteigern, weil wir glauben, wir sind falsch und das, was wir gerade fühlen, oder wie es uns gerade geht, darf nicht sein, geraten wir in eine totale Negativspirale. Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass wir unseren Fokus nur auf das ausrichten, was uns nicht gefällt und was wir nicht haben wollen. Wenn Du meinen Podcast schon länger verfolgst, hast Du sicherlich schon öfter von mir gehört, dass unsere Energie immer da hin geht, wohin wir unseren Fokus richten. Das bedeutet in weiterer Folge, dass wir am Ende immer mehr von dem bekommen, worauf wir uns fokussieren – also in diesem Fall genau von all dem, was uns eigentlich nicht gefällt. Ein weiterer Grund ist, dass wir das bisschen Energie, das wir gerade haben, für einen Kampf verschwenden, in dem es am Ende keinen Gewinner gibt. Nämlich den Kampf gegen das, was ist.

Ich habe vorhin schon gesagt, dass Pflanzen und Bäume im Herbst ihre Energie nach innen ziehen, um sich für den kalten Winter vorzubereiten. Alles, was sie im Außen noch belastet, werfen sie ab, denn sie wissen, dass sie anderenfalls nicht überleben oder zumindest großen Schaden davontragen werden. In der dunklen, kühlen Jahreszeit steigen nicht umsonst Depressions- und Selbstmordraten an, denn wir sind einfach zweifelsohne mehr mit uns selbst konfrontiert. Das Gute ist, dass es (sofern wir natürlich gesund und nicht ohnehin schon vorbelastet durch eine psychische Erkrankung sind) in unserer Hand liegt, was wir aus dieser Zeit machen.

Während wir im Frühjahr damit beschäftigt sind, Samen zu säen und uns dann kurze Zeit später und meist während des gesamten Sommers über all die schönen Blumen freuen, die so bunt blühen, müssen wir im Herbst aufräumen, ausgraben und uns für den Winter vorbereiten. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber vom Energielevel her ist der Herbst für mich wirklich die anstrengendste Zeit. Natürlich gibt es immer wieder mal schöne, goldene Herbsttage, aber die meisten Tage finde ich einfach nur anstrengend.

Wie wäre es, wenn wir die Zeit für uns nutzen und vor dem Winter einmal schauen, wovon wir uns trennen können, was wir loslassen möchten und was uns nicht mehr dient? Was es dazu braucht ist – wie in der Natur – dass wir unsere Energie von all dem äußeren Kram, mit dem wir tagtäglich so beschäftigt sind, abziehen und uns wieder mehr mit uns selbst beschäftigen. Uns selbst besser zuhören und uns insbesondere auch mehr Zeit mit uns selbst gönnen. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich habe in den Herbstmonaten immer das Gefühl, dass mich auch soziale Kontakte viel mehr anstrengen als sonst.

Du könntest also im Garten Deines Lebens einmal schauen, an welchen Stellen über die letzten Monate besonders viel Unkraut gewachsen ist. Also im übertragenen Sinne: Reflektieren, wo Du Dich in den letzten Monaten vielleicht so verhalten hast, wie Du es eigentlich gar nicht wolltest. Welche Gedanken Du über Dich selbst, über andere Menschen und die Welt kultiviert hast, die Dich Deinen Zielen nicht näherbringen und vielleicht sogar Dir selbst oder anderen schaden. Welche Gewohnheiten Du etabliert hast, die Du seitdem für selbstverständlich nimmst und deren Sinnhaftigkeit Du nicht mehr hinterfragst. Welche Deiner Werte in den letzten Monaten zu kurz gekommen sind, bzw. an welchen Stellen Du vielleicht eine moralische Flexibilität an den Tag gelegt hast, die Du eigentlich gar nicht vertreten möchtest.

Weißt Du, ich glaube, wir vergessen im Alltag ganz häufig, dass unsere Welt, bzw. unsere Gesellschaft eigentlich nicht mehr ist als eine Ansammlung ganz vieler kleiner Gärten. Jeder Mensch hat als Individuum seinen kleinen Garten, den er bewirtschaftet und in dem er jeden Tag auf’s Neue entscheiden kann, was er dort pflanzt. Liebe, Empathie, Integrität, Solidarität, Ehrlichkeit, Menschlichkeit oder Hass, Ignoranz, Egoismus und Lügen. Es ist nicht so, dass andere Menschen irgendetwas in unseren Garten werfen, sondern ganz allein wir selbst sind diejenigen, die entscheiden, wie unser Garten aussieht. Solange wir keine Verantwortung für das übernehmen, was wir jeden Tag ganz automatisch in die Welt bringen, ist das so, als wenn wir unseren Garten komplett verwildern lassen und uns am Ende beschweren. Vielleicht schauen wir sogar in die Gärten unserer Nachbarn und ärgern uns darüber, dass das Gras dort grüner ist. Aber wie sagt man so schön? Das Gras ist nur dort grüner, wo man es gießt.

Ich lade Dich ein, den Herbst in diesem Jahr einmal wirklich zu nutzen und zu schauen, was in Deinem Garten so alles wächst. Nimm einmal Deine Fixierung auf all die vermeintlich wichtigen Geschäftigkeiten im Außen weg und erinnere Dich daran, dass es auch noch so etwas wie eine innere Welt gibt, die nicht nur Deine, sondern die gesamte äußere Welt beeinflusst.

Das Jahr 2020 war bisher wahrscheinlich für uns alle ein ziemlich herausforderndes Jahr und gerade deshalb sollten wir es uns nicht nehmen lassen, in die Beziehung zu uns selbst zu investieren.

An der Stelle möchte ich auch noch etwas mit Dir teilen, das mir letztens in Bezug auf die vergangenen Monate durch den Kopf ging. Wir werden momentan ja in vielen Situationen bzw. an bestimmten Orten dazu gezwungen, unsere Gesichter hinter Masken zu verstecken. Ich möchte hier jetzt explizit nicht über die Sinnhaftigkeit oder die Berechtigung des Ganzen sprechen, sondern Dich nur auf etwas aufmerksam machen, bzw. das Ganze einmal in einen anderen Kontext setzen.

Wie viele Menschen kennst Du, die täglich einen Job ausüben, den sie nicht leiden können?

Wie viele Menschen kennst Du, die in einer Beziehung sind, die sie nicht erfüllt und glücklich macht?

Wie viele Menschen kennst Du, die in verschiedensten Lebenslagen gegen ihre eigenen Prinzipien und Moralvorstellungen verstoßen, um anderen zu gefallen?

Wie viele Menschen kennst Du, die sich mit allen Mitteln ein Leben aufbauen, das nach außen hin gut aussieht, sich im Innen aber ganz furchtbar anfühlt?

Wie viele Menschen kennst Du, die nach gesellschaftlichen Konventionen funktionieren, obwohl ihre persönlichen Vorstellungen eigentlich ganz andere wären?

Genau genommen läuft ein großer Teil der Menschheit täglich 24 Stunden mit einer Maske durchs Leben. Es wird an sehr vielen Stellen gute Miene zum bösen Spiel gemacht und für Geld ziehen sich Menschen fast jede Maske an.

Das ist aus meiner Sicht die echte Pandemie, die zwar vielleicht nicht zu echten, also physischen Todesfällen führt, ganz viele Menschen aber so sehr abstumpfen lässt und betäubt, dass das dem Tod schon recht nahe kommt.

All das, um wieder den Bogen zurück zum Thema zu schlagen, sind Dinge, die wir langfristig nur dann aushalten können, wenn wir die Verbindung zu uns selbst verloren haben. Wenn Du Dir nämlich zum Beispiel genügend Zeit nimmst, um regelmäßig über Deine Wertvorstellungen nachzudenken, Deine Beziehungen ehrlich reflektierst und beruflich zumindest versuchst, in die Richtung zu gehen, die Dir wirklich entspricht, wirst Du nach und nach alle Masken ablegen. Du wirst immer weniger faule Kompromisse eingehen und Dein Wohlbefinden zum Maßstab für Deine Entscheidungen machen. Wie bei einer Zwiebel wirst Du Schale für Schale entfernen, aufhören, Dingen anzuhaften, die Dir nicht mehr dienen und am Ende irgendwann bei Deinem wirklichen Kern ankommen – bei Dir selbst.

Und genau dieser Kern ist es, den wir heutzutage mehr denn je brauchen. Wir brauchen den Kern eines jeden Einzelnen Menschen. Natürlich tut es anfangs ein bisschen weh, sich frei zu machen von Überzeugungen und äußeren Umständen, an die man jahrelang geglaubt hat. Ich verspreche Dir aber, dass es sich für den Preis, den Du am Ende bekommst, nämlich Deine wirkliche Freiheit und ein erfülltes Leben, absolut lohnt.

Also nochmal, vielleicht möchtest Du den diesjährigen Herbst nutzen, um Dich ein bisschen mehr mit Dir selbst zu beschäftigen und zu schauen, wo Du noch Dingen anhaftest, die Dir nicht mehr dienlich sind.

Dazu gibt es auch direkt die erste Challenge.

Challenge #1 – Was wächst in Deinem Garten?

Schreib Dir heute im Laufe des Tages einmal alle negativen Gedanken auf, die Du hast. Also jeden einzelnen Gedanken, der wie ein Unkraut-Samen in Deinen Garten fällt. Ganz egal, ob dieser Gedanke sich um Dich, um andere Mitmenschen, oder um eine Situation dreht. Mir geht es darum, dass Du erkennst, wie sehr wir alle (und da nehme ich mich nicht aus) jeden Tag mit Unkraut-Samen um uns werfen und es oft nicht einmal merken. Unangenehm finden wir es nämlich immer erst dann, wenn das Unkraut anfängt zu wachsen.

Diese Übung kann Dir dabei helfen, Dir zunächst einmal bewusst zu machen, wo Deine Aufmerksamkeit gerade am dringendsten gebraucht wird. Du kannst damit ohne weiteres auch für mehrere Tage fortfahren, oder sogar einen ganzen „Garten-Monat“ einlegen und einmal ganz neugierig alle Bereiche Deines Gartens nach Unkraut absuchen. Wenn wir die Zeit schon nicht mehr so wirklich in unserem „richtigen“ Garten nutzen können, ist das doch eine willkommene Abwechslung, oder?

Als nächstes möchte ich ein bisschen über das Loslassen sprechen.

Dazu gilt es natürlich erst einmal, herauszufinden, wo Du noch Dingen, Menschen, Umständen oder vielleicht auch Deiner Vergangenheit anhaftest. Wenn Du die Challenge mitmachst, findest Du mit Sicherheit schon ein paar Ansatzpunkte, mit denen Du weiter arbeiten kannst. Ich möchte an dieser Stelle gleich beispielhaft über ein Thema sprechen, das uns vermutlich ausnahmslos alle betrifft und wo wir alle das Loslassen üben dürfen. Dazu muss ich kurz ein bisschen ausholen.

Die Gesellschaft und die Medien suggerieren uns heutzutage ja, dass wir in einer Welt leben, in der wir alles sein können. Mit Geld können wir uns nicht nur einen neuen Körper und ein neues Gesicht, sondern offensichtlich auch die Anerkennung unserer Mitmenschen kaufen. Unseren Luxus können wir ins Unermessliche steigern. Auch Minderwertigkeitskomplexe verschwinden (zumindest oberflächlich) ganz schnell und einfach hinter irgendwelchen materiellen Masken. Wir sind also die meiste Zeit sehr stark auf das Außen fixiert.

Die sozialen Medien und die Digitalisierung an sich haben aus meiner Sicht in den letzten Jahren sehr viel dazu beigetragen, dass Menschen sich immer mehr hinter einer Fassade verstecken. Sie teilen nur das von sich, was sie für ansehnlich halten und bauen dadurch ein Bild auf, das die Wirklichkeit einfach nicht abbildet.

Ein ziemlich unangenehmer Nebeneffekt des Ganzen ist meiner Meinung nach, dass die Hemmschwelle für Respektlosigkeit dermaßen gesunken ist, dass ich mich manchmal fremdschäme, überhaupt der Spezies Mensch anzugehören.

Wenn Menschen nämlich die Gelegenheit haben, so anonym zu sein und sich so sehr hinter irgendwelchen Masken zu verstecken, birgt das die Gefahr, dass es ihnen dort viel besser gefällt, als im echten Leben. Sie finden das, was sie sich da so mühevoll zusammengeschustert haben, sehr viel interessanter und attraktiver als ihr wahres Gesicht, an dem sie eigentlich täglich arbeiten müssten, wenn sie denn einmal ehrlich zu sich wären. Und außerdem ist da natürlich eine riesige Angst davor, was denn überhaupt noch übrigbleibt, wenn man einmal die Maske abnimmt oder loslässt.

Dabei sind all diese Masken in den meisten Fällen ein Ego-Ding. Wir alle hatten in unserem Leben irgendwann einmal eine Zeit, in der wir einfach wir selbst waren. Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, was andere Menschen über uns denken und mussten uns auch nicht profilieren, um zu gefallen. Und noch viel wichtiger: Wir waren überzeugt davon, dass wir genug sind und reichen und zwar genau so, wie wir sind.

Nun zu dem Beispiel, von dem ich gerade gesprochen habe.

Vielleicht hast Du von Deinen Eltern früher auch hin und wieder den Satz „Behandle andere Menschen so, wie Du auch behandelt werden möchtest.“ gehört. Ich habe beobachtet, dass dieser Satz, obwohl ich ihn ursprünglich für sehr klar formuliert hielt, offensichtlich sehr dehnbar ist. In der Realität kommt mir häufig etwas unter wie:

„Ich behandle andere Menschen so, wie ich glaube, dass ich einen Vorteil daraus ziehen kann.“

„Ich behandle andere Menschen so, wie es mir dazu dient, mich besser zu fühlen.“

„Ich behandle andere Menschen so, wie es mir eben gerade passt.“

Besonders fällt mir das immer dann auf, wenn sich Menschen bei mir für Dinge bedanken, die für mich vollkommen selbstverständlich sind. Und ich muss Dir sagen, es macht mich furchtbar traurig. Gleichzeitig nehme ich mich da natürlich nicht aus, denn auch mir passiert es regelmäßig, dass ich, wenn ich nicht achtsam bin, eine der gerade genannten Masken aufsetze und damit andere Menschen verletze.

Was ich mich immer wieder frage ist: Wenn wir doch in unserer privilegierten, westlichen Welt im 21. Jahrhundert schon die Wahl haben, wer wir sein möchten, wie zum Henker kann es dann sein, dass so viele Menschen sich dafür entscheiden, nur an sich zu denken? Wie kann es sein, dass so viele Menschen sich über andere stellen und sie abwerten, nur um sich selbst größer zu fühlen? Wie kann es sein, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse und Belange über die der anderen stellen? Was läuft da schief?

Das klingt jetzt vielleicht alles etwas weit weg und Dein Gehirn sagt Dir „Puh, zum Glück bin ich so nicht!“ Ich möchte Dir aber anhand ein paar ganz simpler Beispiele aufzeigen, dass jeder von uns immer wieder in diese Fallen tappt und nicht aus Liebe, Solidarität und Empathie, sondern vielmehr aus Egoismus und Ignoranz heraus handelt. Und genau diesen Egoismus und diese Ignoranz kannst Du eben mit dem Masken-Thema verknüpfen. Wer bist Du, wenn Dich alle beobachten? Und wer bist Du, wenn Dich keiner sieht, bzw. wenn Du Dich hinter Deiner Maske sicher wähnst?

Genau hier liegt ein Potenzial für „Loslassen“ verborgen – bei uns allen.

Ich könnte jetzt hier ganz viele alltägliche Situationen aufzählen, will Dich aber nicht langweilen und beschränke mich daher auf zwei. Vielleicht schaust Du mal, in welcher Du Dich eher wiederfindest.

Hast Du schon einmal Müll auf die Straße oder in die Natur geworfen, weil es Dir zu anstrengend war, ihn bis zum nächsten Mülleimer mitzutragen? Und hast Du dabei daran gedacht, dass es möglicherweise nicht nur der Umwelt schadet, sondern auch bedeutet, dass Du ganz automatisch davon ausgehst, dass es jemanden gibt, der vermeintlich dafür zuständig ist, Deinen Fehltritt wieder auszubügeln und das zu tun, was Du versäumt bzw. absichtlich nicht getan hast? Hast Du Dich dabei vielleicht vorher noch einmal kurz umgeschaut, ob Dich auch ja keiner beobachtet bei dem, was Du gerade machst?

Warst Du schon einmal in der Situation, dass Du jemandem, indem Du ihm bei irgendetwas hilfst, ohne großen Aufwand eine Freude machen, bzw. zu seinem Wohlbefinden beitragen kannst und hast es absichtlich nicht getan? Und hattest Du vielleicht während Du das nicht getan hast, sogar den Gedanken, dass Du es eigentlich tun könntest? Sei es nun, dass Du jemandem die Tür aufhältst, obwohl er noch etwas weiter weg ist, einer alten Dame beim Tragen ihrer Einkäufe hilfst, einen verletzten Vogel zum Tierarzt fährst, oder den Bauarbeitern vor Deiner Tür einen warmen Kaffee bringst.

Ein schlechtes Gewissen reicht genauso wenig wie gute Gedanken. Meine Sicht auf die Menschen ist von der Überzeugung geprägt, dass grundsätzlich kein Mensch schlecht ist. Daher glaube ich auch, sagen zu können, dass jeder und jede von uns immer wieder gute und positive Gedanken hat, sich um die Welt und seine Mitmenschen sorgt und erstmal keine bösen Absichten verfolgt. Das allein ist aber einfach nicht genug. Wenn jeder denkt „Ich könnte mal...“ oder „Ich sollte eigentlich...“ ist noch lange nichts getan! Vielmehr geht es darum, dass Du wirklich anpackst. Mitgefühl ist zwar ein toller Anfang und bei Weitem besser als kein Mitgefühl, aber es reicht aus meiner Sicht nicht. Nicht heute und hier in unserer Welt.

Was ich mit all dem sagen will ist: Wir können direkt heute noch damit anfangen, ein wenig von unserem Laub, unseren Masken und unserem Ego-Getue loszulassen und damit sogar die Welt besser machen – das klingt doch fantastisch, oder? Wenn jeder von uns einfach nur einmal am Tag damit aufhören würde, andere Menschen oder Lebewesen abzuwerten und sich selbst dadurch zu erhöhen, wäre die Welt schon in wenigen Stunden ein besserer Ort.

Daher lautet die Challenge #2: Eine gute Tat am Tag.

Ab heute darfst Du es Dir zur Aufgabe machen, für mindestens einen Monat lang jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen – ganz egal, ob es eine große oder eine kleine ist. Ich verspreche Dir, das tut gar nicht weh und Du musst Dir auch nicht den Kopf zerbrechen und Dir irgendwelche exotischen Aktionen ausdenken. Es genügt, wenn Du einfach achtsam durch die Welt gehst. Wenn Du Dein Gehirn darauf trimmst, Antworten auf die Frage „Wie kann ich heute dienen?“ zu suchen, wird es Dir täglich mehr als genügend Gelegenheiten präsentieren. Das Schöne an dieser Challenge ist, dass nicht nur andere davon profitieren, sondern dass auch Du Dich automatisch besser fühlen wirst.

Und bevor wir jetzt am Ende der Folge angelangt sind, hier nochmal eine kurze Zusammenfassung des Gesagten.

1. Es ist vollkommen in Ordnung, dass es immer wieder Zeiten gibt, in denen Du nicht in Höchstform bist. Verurteile Dich nicht dafür und gib Dir selbst das, was Du gerade brauchst. Der Herbst bedeutet in der Natur Rückzug und das sei auch Dir gegönnt.

2. Nutze den Herbst, um Dich in Deinem eigenen, inneren Garten umzuschauen und aufzuräumen.

3. Mit der ersten Challenge kannst Du das Unkraut in Deinem Garten, das Du gepflanzt hast und dem du anhaftest, identifizieren, indem Du Dir für eine Weile all Deine negativen Gedanken notierst und dadurch bewusst machst.

4. Mit der zweiten Challenge bringst Du ein bisschen mehr Gutes in die Welt und lässt gleichzeitig Deine Masken Stück für Stück fallen. Denk daran: Gute Gedanken und ein schlechtes Gewissen allein reichen nicht. Es geht ums Tun!

Ich freue mich, wenn Du aus der Folge ein paar Denkanstöße mit in die Herbstzeit nimmst und sie mit all Deinen Freunden, Kollegen und Bekannten teilst. Vergiss auch nicht, bis zum 31.10.2020 am Gewinnspiel teilzunehmen.

Wir hören uns nächsten Dienstag wieder und bis dahin wünsche ich Dir ganz viel Freude mit den beiden Challenges. Pass auf Dich auf und lass es Dir gut gehen. Bis bald!

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